Mundart und Musik: Pius Jauch fliegen die Herzen zu
Schwäbischer Liedermacher aus Bösingen trat am Samstag in Reichenbach auf
„Bei eich uf dr Alb geit’s deitlich weniger Verschtändnisprobleme wia sonscht“, so leitete der schwäbische Liedermacher Pius Jauch seinen Gastauftritt in Reichenbach ein. Gekommen war er auf Einladung des örtlichen Albvereins in der Veranstaltungsreihe „Mundart und Musik“. Tatsächlich musste er die wenigsten Wörter erklären, die er in seinen Liedern im breiten, schwäbischen Dialekt seines Heimatortes Bösingen vortrug. Ob „Schwarzbrot mit Gsälz“, „Da Neckar na“ oder „So wia dau, Hergoless, wett i no au stichla kenna“ ‑ das Publikum war sichtlich angetan von seiner melodischen Stimme, seinem virtuosen Gitarrenspiel, von seinem Sprachwitz und von der Themenvielfalt seiner Lieder. Mal verschmitzt, mal nachdenklich, mal frech, mal verträumt trug er seine Stücke vor. So originell wie sein Gesang waren auch die Anmerkungen, mit denen er jeweils zum nächsten Lied überleitete. So zum Beispiel über das Verhalten einiger Zeitgenossen am Kuchenbuffet; der Sturm auf die Schwarzwälder Kirschtorte sei ein gutes Bild dafür, wie es auf der Welt zugehe („Dass se it no oan fahra lassa hond, isch au scho älles gsi“). Oder über die schwindenden Unterschiede zwischen dem „Märchenland“ Europa und dem „Land der unbegrenzten Möglichkeiten, den USA, was sich schon an der Ähnlichkeit der Flagge zeige („An Fetza mit Sterna“). Oder übers Älterwerden, für das der Löwenzahn ein passendes Symbol sei: blond geboren, später grau und zuletzt durch den Wind all seiner Haarpracht beraubt („Bliatablätter im Wind“). Manches Lied trug Jauch auf Hochdeutsch vor ‑ eines gar auf Italienisch. Das sei quasi sein persönlicher Schutzschild gegen Menschen, die Dialektsprecher mit Deppen gleichsetzten. Man werde weniger schnell als Depp eingestuft, wenn man Fremdsprachenkenntnisse vorweisen könne. Prompt kam ein Zwischenruf aus dem Publikum: „Wia an Depp seand Sie aber it aus!“
Einer Erklärung bedurfte es am Schluss aber doch: Da sein Programm „Von Ahle bis Zeischtig“ hieß, fragte er in die Runde, ob jedem der Begriff „Ahle“ geläufig sei. Viele nickten, einige schüttelten den Kopf. Das sei die kleine Umarmung ‑ Wange an Wange ‑ die die Schwaben häufig von ihren Kindern einforderten: „Gib mir mol a Ahle“. Und da ging auch den letzten Zuschauern auf, dass sie diesen Ausdruck zumindest noch aus der Kindheit kannten. Und dass es gut ist, wenn Liedermacher wie Pius Jauch dazu beitragen, dass solche Wort-Schätze aus unserer Heimat nicht einfach in Vergessenheit geraten. Mit zwei Zugaben beendete Jauch sein Programm und erhielt dafür begeisterten Applaus. (jeng)

Bildunterschrift: Mundart und Musik beim Albverein Reichenbach: Der Bösinger Liedermacher Pius Jauch fand auf dem Heuberg großen Anklang.